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Urteil des 6.Zivilsenats des BGH, VI ZR 300/24, 28. Januar 2025
Der 6. Senat hat klargestellt, dass im Falle der fiktiven Schadensabrechnung der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln sei.
Der Unfallgeschädigte sei nicht verpflichtet, zu den von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht veranlassten Herstellungsmaßnahmen konkret vorzutragen.
Der Geschädigte eines Kraftfahrzeugsachschadens habe bei Ausübung der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die Wahl, ob er fiktiv nach den Feststellungen eines Sachverständigen oder konkret nach den tatsächlich aufgewendeten Kosten abrechne.
Bei fiktiver Abrechnung sei der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln.
Der Geschädigte müsse nicht zu den von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht veranlassten Herstellungsmaßnahmen konkret vorzutragen, er könne aufgrund der fiktiven Abrechnung disponieren (vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 2021 - VI ZR 513/19, NJW 2022, 543 Rn. 19; vom 24. Januar 2017 - VI ZR 146/16, NJW 2017, 1664 Rn. 6; vom 3. Dezember 2013 - VI ZR 24/13, VersR 2014, 214 Rn. 10; jeweils mwN).
Nach diesen Grundsätzen habe der Geschädigte regelmäßig Anspruch auf Ersatz der in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Repara-turkosten.
Dies gelte auch unabhängig davon, ob er das Fahrzeug voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lasse.
Bei der fiktiven Schadensabrechnung genüge der Geschädigte dem Gebot der Wirtschaftlichkeit nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde lege, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt habe; dasselbe gilt für die Kosten der Ersatzteile (Senatsurteil vom 26. Mai 2023 - VI ZR 274/22, NJW 2023, 2421 Rn. 9 mwN).
Allerdings müsse sich der Geschädigte bei fiktiver Schadensabrechnung gemäß § 254 Abs. 2 BGB vom Schädiger - auch noch im Rechtsstreit - auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt verweisen lassen, wenn der Schädiger darlege und gegebenenfalls beweise, eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her entspreche der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlege, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden.
Fazit: Der BGH hält an der Möglichkeit zur fiktiven Abrechnung des Schadens fest, so dass der Geschädigte Herr der Regulierung bleibt. Er muss im Rahmen der fiktiven Abrechnung ggfls. eine günstigere Reparaturmöglichkeit akzeptieren - sogar noch im laufenden Rechtsstreit.
Eingestellt in Rechtsgebiet: Verkehrsrecht
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Autor :
Rechtsanwalt Volker KukorusFachanwaltskanzlei Kukorus
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