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Die Nutzersperrungen durch Twitter zu den Europawahlen 2019 waren rechtswidrig. Zu diesem Ergebnis kamen gleich zwei Oberlandesgerichte. Twitter hat als Reaktion darauf in anderen Verfahren eingelegte Berufungen zurückgenommen.
Nutzersperrungen sorgen für Kritik
Der Hashtag #twittersperrt hatte 2019 für viel Aufsehen gesorgt. Auslöser waren Nutzersperrungen durch Twitter als Reaktion auf Tweets im Zusammenhang zu den Europawahlen 2019. Die betroffenen Nutzer hatten gegenüber AfD-Wählern vorgeschlagen, dass diese ihre Wahlzettel unterschreiben sollten. Dadurch wären diese allerdings ungültig geworden.Twitter sah darin einen Verstoß gegen die eigene „Richtlinien zur Integrität von Wahlen“. Folge war, dass die Nutzer gesperrt worden waren. Einige gingen daraufhin gerichtlich gegen ihre Sperrung vor.
OLG: Kein Verstoß gegen Twitter-Richtlinien
Das Oberlandesgericht Dresden und das Oberlandesgericht Nürnberg haben in ihren Urteilen eine Verletzung von Twitter-Richtlinien verneint. Die satirischen Tweets der Nutzer seien von deren Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt (OLG Dresden, Beschluss v. 07.04.2020, Az. 4 U 2805/19; OLG Nürnberg, Hinweis. v. 06.04.2020, Az. 3 U 4566/19).
Die Gerichte argumentierten mit einem deutlichen satirischen Charakter der strittigen Tweets. Selbst beim nur flüchtigen Lesen konnte jeder Leser erkennen, dass die Tweets nicht ernst gemeint waren, so die Auffassung der Gerichte. Dafür spreche auch, dass die Aufforderung nur an Wähler einer bestimmten Partei gerichtet war. Zudem konnte realistischerweise nicht von einer Gefährdung der Europawahl ausgegangen werden. Aufgrund der Tweets sei nicht davon auszugehen, dass es tatsächlich zum ungültigen Abgeben der Wahlzettel gekommen wäre, insbesondere weil die Wahlzettel selbst kein Erfordernis einer Unterschrift enthielten und dafür auch kein Feld vorgesehen sei. Die Nutzer hätten daher nicht gegen die Twitter-Richtlinie verstoßen. Die Sperrung durch Twitter erfolgte daher rechtswidrig. Als Reaktion auf die Entscheidungen nahm Twitter auch die Berufung in zwei weiteren Verfahren zurück.
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Eingestellt in Rechtsgebiet: Informationstechnologierecht
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Autor :
RechtsanwaltDr. Bernd FleischerROSE & PARTNER
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